Die EU plant auf Ende 2005 ein Verbot wichtiger heimischer Kräuter. So will man seit Menschengedenken verwendete Kräuter wie Ringelblume, Arnika, Schafgarbe und Johanniskraut auf die rote Liste setzen - sogar ein Rosenöl-Verbot droht.
Diese Initiative setzt sich dafür ein, daß Naturkosmetik und in der freien Natur vorkommende Kräuter innerhalb der EU weiterhin erlaubt sind. "Wir wollen nicht länger Behörden, die bloß Handlanger der Konzerne sind; wir wollen vernünftige Gesetze", so Rausch. Wie der Name schon andeutet, setzt sich die Organisation für die Beibehaltung natürlicher Kosmetik aus Kräutern und Blumen (wie z. B. die wunderschön orange blühende Ringelblume) ein. Auch der bereits erwähnte BDIH, der gute Kontakte nach Brüssel unterhält und unter der Leitung von Dr. Reinhold A. Brunke hervorragende Arbeit zum Schutz der Naturkosmetik leistet, will tätig werden, um ein mögliches Verbot der Pflanzen zu verhindern. Der BDIH ist im Europäischen Verband der Hersteller von Gesundheitsprodukten (EHPM) organisiert und arbeitet mit dem SCCP, dem Wissenschaftlichen Beirat der EU-Kommission, zusammen. Er wird in relevante EU-Gesetzgebungsverfahren als Industrievertreter einbezogen. Das heißt, der BDIH kann in gewissem Maß auf die Gesetzgebung der EU und damit auch auf die geplanten neuen Gesetze Einfluß nehmen.
Schon vor mehreren Jahren übrigens hatten die Lobbyisten der Großkonzerne in Brüssel gefordert, mit natürlichen ätherischen Ölen parfümierte Kosmetika müßten zwingend mit der Aufschrift "Produkt kann Allergien hervorrufen" versehen werden. Begründet wurde die Maßnahme mit dem Gehalt dieser ätherischen Öle an angeblich allergenen natürlichen Bestandteilen, wie z. B. Citral, Limonen oder Linalool - die Hauptbestandteile von Zitronen, Orangen, Mandarinen oder des Lavendels. In letzter Minute konnte der ursprüngliche Entwurf dieses Gesetzes zwar noch abgeändert, aber nicht gänzlich verhindert werden. Am 9. März 2005 trat die "Änderung der Kosmetikverordnung 2005" in Kraft, die vorschreibt, daß 26 verschiedene, so genannte "allergene Duftstoffe", die z. B. in natürlichen ätherischen Ölen wie Zitronen-, Orangen-, Mandarinen-, Lavendel-, Geranien und Nelkenöl vorkommen, gesondert in ihrer chemischen Bezeichnung deklariert werden müssen. Beim umweltbewußten Konsumenten wird so der Eindruck von "viel Chemie im Naturprodukt" erweckt.
Für Tausende synthetische Geruchsstoffe, bei denen man überhaupt noch keine Langzeiterfahrung vorweisen kann, gilt diese Bestimmung übrigens nicht. Von der Zeitschrift Ökotest wird die Liste der angeblich allergenen Inhaltsstoffe von ätherischen Ölen denn auch wesentlich kritischer betrachtet als bisher. "Linalool und Limonen zum Beispiel werden nicht mehr als stark abwertend für die Ökotest-Beurteilungen angesehen", erläutert Prof. Dr. Dr. Dietrich Wabner von der TU München, der hinzufügt. "Es ist erstaunlich, daß von einer Arbeit des Dermatologen Woeber keine Notiz genommen wird, der schon 1969 feststellte, daß die ätherischen Öle regelmäßig wesentlich geringere Reiz-Wirkung aufwiesen, als entsprechende Einzel-Inhaltsstoffe".
Jetzt geht es darum, einen Gesetzesentwurf abzuwenden, der noch viel weitreichendere Folgen für die Naturkosmetik haben könnte, denn das Verbot von Ringelblume, Arnika, Schafgarbe, Johanniskraut etc. könne "nur durch Vorlage von entkräftenden Unterlagen noch verhindert werden", wie der BDIH betont. Auch Walnuß, Soja und Rotklee sowie seit Jahrtausenden zum Färben verwendete Mittel wie Henna oder Indigo sollen ab Ende 2005 verboten werden. Ein weiterer Plan sieht ein Verbot wichtiger ätherischer Öle wie Rosenöl, Pimentöl, Basilikumöl, Lorbeeröl, Liebstöckelöl, Estragonöl oder Citronellaöl in der Kosmetik vor. Daß es sich dabei um wichtige Gewürz-Bestandteile, die wir täglich zu uns nehmen, handelt, dürfte dabei für die EU nebensächlich sein.
Begründet wird diese Maßnahme mit dem Gehalt am natürlichen Duftstoff Methyleugenol, den die EU-Kommission im Visier hat. Ein Verbot wichtigster natürlicher Duftöle würde jedenfalls mehr Freiraum für synthetische Duftstoffe schaffen. Besonders für die Kosmetik-Kleinerzeuger sind damit die geplanten gesetzlichen Einschränkungen und Hürden besonders existenzgefährdend. Übrigens: Ein in der EU ab Jahresende geplantes Totalverbot des beliebten und vielseitig verwendeten Teebaumöls soll nach neuesten Berichten aufgrund von massivem Widerstand - unter anderem der australischen Regierung - doch nicht zustande kommen. Daß es bei den neuen Gesetzen nicht um einen vermeintlichen Schutz von Konsumenten vor angeblichen Allergien auslösenden Geruchsstoffen geht, sondern um die nicht uninteressanten Naturkosmetik-Marktanteile mancher Pharmakonzerne, liegt auf der Hand. "Man möchte natürlich eigene synthetische Stoffe verkaufen", so Rausch.
"Wir sind nicht am Ende, die Pflanzen sind noch nicht verboten, aber man kann auf keinen Fall sagen, sie sind erlaubt", meint hingegen Dr. Brunke, der Leiter des Fachkreises Kosmetik innerhalb des BDIH. Er will weder von einer schrittweisen Abschaffung der Naturkosmetik durch die EU, noch von einem Totalverbot bestimmter Pflanzen sprechen. Für Brunke kommt die Phase der Meinungsbildung nämlich erst mit der BDIH-Tagung am 8. und 9. November 2005. Bis dahin sei noch alles offen. Er sieht die Diskussion rund um das Verbot der Pflanzen nicht als wirtschaftliches, sondern als politisches Thema: "Das ist moderner Verbraucherschutz. Es geht hier auch um Sympathien bei den Wählern." Wichtig sei jetzt, daß Unterlagen zu bislang nicht dokumentierten Pflanzen wie Lavendel oder Rosmarin geliefert werden, da nun weltweit Ansprüche auf die Dokumentation von Pflanzenmaterial entstehen würden. Beim Teebaumöl hätte dies schon funktioniert, womit von einem Verbot abgesehen wurde. "Das Problem ist aber, wenn beim Lavendel das Gleiche erwartet wird. Die Frage ist auch: Wer verteidigt Rosmarin?", so Dr. Brunke. Viele Pflanzen sind also auf der Suche nach einer ähnlichen Lobby wie sie die australische Regierung für das Teebaumöl bildete.
Wenn man aber davon ausgeht, daß die Pharmakonzerne ihre eigenen Interessen hinsichtlich der neuen Naturkosmetik-Gesetze haben, lautet die Frage: Wie gewinnt man einen Markt so ganz für sich alleine? Die Antwort lautet: Durch Patente. In der nach den negativ ausgefallenen Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden noch nicht ratifizierten EU-Verfassung ist nämlich der Schutz des geistigen Eigentums verankert, das aber nun keinen sozialen Verpflichtungen mehr unterliegt (Art. II-77 Abs.2). Diese Vereinbarung sieht vor, daß sich international führende Konzerne wie Monsanto Patente auf lebenswichtige Lebensmittel wie Reis und Saatgut aber auch Technologien eintragen lassen können. Vor allem Menschen in der Dritten Welt wird dadurch die Chance eigener Entwicklung genommen. Auch Medikamente werden sich für die armen Länder enorm verteuern, da Patente gerade im pharmazeutischen Sektor angestrebt werden.
Die EU paßt sich dieser Veränderung widerspruchslos an. Die Befürchtung einer "Patentierungswelle" der Konzerne besteht damit zu Recht, denn bereits jetzt hat Monsanto nach Recherchen der Umweltorganisation Greenpeace Patente auf Schweinezucht angemeldet, die zum Teil übliche Verfahren zur Züchtung, aber auch die Schweine selbst (!) umfassen. Die Patentanmeldungen mit den Nummern WO 2005/017204 und WO 2005/015989 wurden bei der Weltpatentbehörde in Genf für mehr als 160 Länder angemeldet. Auch in Europa soll das Patent erteilt werden. Hier geht es offenkundig nicht um den Schutz von Erfindungen, sondern um Patente auf das Leben selbst - und um die Kontrolle der Lebensmittelproduktion. Patente können aber normalerweise nicht auf natürliche Ressourcen - also Stoffe, die in der Natur vorkommen - angewendet werden (die so genannten "freien Güter"!), weshalb z. B. natürlich vorkommende Wildpflanzen besonders im Visier der Konzerne stehen.
Der Angriff auf die Naturkosmetik verfolgt also das unausgesprochene Ziel, über Patente einen ganzen Wirtschaftsbereich unter Kontrolle zu bringen oder sogar zu zerstören. Es bleibt abzuwarten, ob es demnächst auch strafbar sein wird, wenn man seine Blümchen und Kräuter auf der Wiese sammeln geht, um daraus einen Tee zuzubereiten. Den Pflanzen in der Naturkosmetik könnte jedenfalls dieses Schicksal blühen - wenn nicht jetzt etwas getan wird, um die neuen EU-Gesetze zu verhindern.
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