Nachdem die Ostseefähre ‚Estonia' am 28. September 1994 untergegangen war, berichteten schwedische Zeitungen, die Fähre sei vermutlich aufgrund einer "Monsterwelle" gesunken. Die offiziellen Erklärungen zu diesem schwersten Seeunglück in Europa seit dem 2. Weltkrieg haben seither immer seltsamere Formen angenommen.
Die Ostseefähre Estonia, die mit etwa tausend Passagieren und Besatzungs-mitgliedern von Tallinn nach Stockholm unterwegs war, sank am 28. September 1994. Kurz nach Mitternacht wurde das Schiff von zwei Stößen erschüttert. Die Fähre bekam schnell Schlagseite nach Steuerbord und versank in weniger als 45 Minuten unter Umständen, die bestenfalls als rätselhaft beschrieben werden können, in der eiskalten Ostsee.
Obwohl sich unter den 852 Todesopfern des Unglücks über 500 Schweden befanden, blockierte die schwedische Regierung jeden Vorstoß, die Leichen aus dem Wrack zu bergen. Sie lehnte sogar ein frühes Angebot einer norwegischen Tauchgesellschaft ab, die Leichen zum Selbstkostenpreis zu bergen. Obwohl zwei aufeinanderfolgende schwedische Premierminister versprochen hatten, Wrack und Leichen zu bergen, verkündete die Regierung drei Monate nach dem Untergang der Estonia, daß es zu keiner Bergungsaktionen kommen werde. Stattdessen heuerte die schwedische Regierung ein niederländisches Seerettungsunternehmen namens Smit Tak BV an, das sich darauf spezialisiert hat, atomare Unterwasserabfälle zu neutralisieren. Deren mißlungener Versuch, die Fähre in einen Betonmantel einzuhüllen, verschlang 350 Millionen Dollar. Das Wrack liegt nach wie vor zwischen 60 und 80 Meter tief auf dem weichen Meeresgrund.
Vor kurzem enthüllten schwedischen Massenmedien, daß die Estonia zum Schmuggel sowjetischer Militärtechnologie benutzt worden sei. Sie bestätigen damit den lange gehegten Verdacht, daß der unerklärliche Untergang der Estonia mit einer geheimen Weltraumwaffe zu tun gehabt haben könnte, welche das Schiff transportierte.
Unmittelbar bevor die Estonia vom estnischen Tallinn zu ihrer letzten Fahrt auslief, wurde der Hafen plötzlich abgeschirmt, worauf ein militärischer Konvoi zwei große Lastzüge bis zur wartenden Fähre geleitete. Sobald die Lastzüge verladen waren, schlossen sich die Auffahrrampe und das Bugvisier, und die Fähre trat verspätet ihre Reise nach Stockholm an. Dies berichtet Carl Övberg, ein Überlebender des Unglücks und häufiger Estonia-Passagier, der in letzter Minute an Bord gekommen war.
Das staatliche schwedische Fernsehen (SVT 1) strahlte am 30. November 2004 einen Bericht mit dem Titel Uppdrag Granskning aus, in welchem der frühere Dienststellenleiter des Zolls in Stockholm zugab, daß die Estonia im September 1994 tatsächlich zur Verschiebung sowjetischer Militärtechnologie in den Westen benutzt worden war. Gemäß dem früheren leitenden Zollbeamten Lennart Henriksson hatten vor dem Untergang der Estonia bereits zweimal Fahrzeuge mit sowjetischer Militärtechnologie nach Schweden einreisen können, ohne vom Zoll behelligt zu werden. "Zehn Jahre lang habe ich darüber nachgedacht, was da geschehen ist", äußerte Lennart Henriksson, der frühere Zoll-Dienststellenleiter von Stockholm. "Jedesmal, wenn der Name Estonia auftauchte, hatte ich das Gefühl, ich müsse das wenige, was ich darüber wußte, ans Tageslicht bringen. Ich wollte mein Gewissen erleichtern."
Henriksson erhielt den Befehl, am 14. und 20. September 1994 gewisse Fahrzeuge, die sowjetische Militär-Schmuggelware transportierten, ohne Inspektion durch den schwedischen Zoll zu lassen. An dem Tag, als die Estonia unterging, arbeitete er jedoch nicht, weil er im Urlaub war. Das Geständnis von Henriksson ließ den Untergang der Estonia in einem neuen Licht erscheinen.
Die Fähre war ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen der privaten schwedischen Firma Nordström & Thulin und Estline, einem Unternehmen, welches der estnischen Regierung gehört. Vor der Entlarvung durch die SVT 1-Sendung wurden Berichte über den Schmuggel von sowjetischer Militärtechnologie immer als "Verschwörungstheorie" abgetan. Henriksson enthüllte, daß ein Geheimabkommen bestand, welches es ermöglichte, militärisches Schmuggelgut einzuführen ohne dieses durch die schwedischen Zollbehörden inspizieren zu lassen. Dieses Abkommen bestand zwischen Owe Wictorin, dem Oberkommandierenden der schwedischen Armee, und Ulf Larsson, damals Generaldirektor der schwedischen Zollbehörde. Das Abkommen war den höchsten Ebenen der Regierung wie auch dem Verteidigungsministerium bekannt. Normalerweise wurde jedes Fahrzeug, welches von der Estonia kam, unter die Lupe genommen. Daß ein Fahrzeug ohne Inspektion einreisen durfte, hatte Henriksson in 38 Dienstjahren noch nicht erlebt.
Als die Fähre am 14. September 1994 in Stockholm einlief, sprach Henriksson mit dem Fahrer des angekündigten Fahrzeugs - eines Volvo 745 Kombi - mit Decknamen ‚Frank Larsson'. Als Henriksson ‚Larsson' eröffnete, daß der Zoll eine Inspektion durchführen würde, "warf er mir einen vielsagenden Blick zu. Ich versicherte ihm, es handle sich nur um eine Scheininspektion", berichtet Henriksson. "Wir öffneten ein paar Kisten, und soweit ich sehen konnte, befand sich militärische Elektronik darin." Laut Zollabfertigungsbeleg gehörte der Wagen einer nicht existierenden Firma namens Ericsson Access AB, einem fiktiven Zweigbetrieb von AB LM Ericsson Finance. Es war keine Adresse aufgeführt. Später fand Henriksson heraus, daß es sich bei dem Fahrzeug um einen Mietwagen gehandelt hatte. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß Ericsson tatsächlich am Schmuggel beteiligt war. Obwohl das schwedische Militär den Schmuggel autorisiert hatte, war der endgültige Bestimmungsort der Sowjet-Technologie nicht Schweden.
Dies enthüllte Ingrid Sandqvist, die damals Chefin der Zollbehörde am Flughafen Arlanda war. Denn am 20. September 1994 traf eine viel größere Ladung geschmuggelter Technologie ein, die per Flugzeug nach Ägypten ausgeflogen wurde, wie auf dem Flugplan stand. Doch man kann davon ausgehen, daß der endgültige Zielhafen nicht Kairo sondern Tel Aviv war. Darin ist sich auch ein ehemaliger DDR-Agent sicher, der davon überzeugt ist, daß der israelische Geheimdienst Mossad den ganzen Schmuggel russischer Waffensysteme über die Estonia organisierte.
Jene Schmuggelware vom 20. September 1994 durfte den schwedischen Zoll nach Ankunft in Stockholm wiederum ohne Inspektion passieren. Diesmal war es ein Kleinlieferwagen, und wieder warf Dienststellenleiter Henriksson nur einen flüchtigen Blick in die Kisten. "Was dachten Sie diesmal?", fragte ihn Reporter Lars Borgnäs. "Ich dachte, es wäre eine seltsame Dienstanweisung", antwortete Henriksson, "aber Befehl ist Befehl, und über Befehle denkt man nicht allzu viel nach."
Zwei Tage nach dem enthüllenden Bericht des Ersten Schwedischen Fernsehens gab die schwedische Armee am 2. Dezember 2004 im Programm des Radiosenders Ekot zu, daß dieses Geheimabkommen existiert habe und noch immer in Kraft sei. Am folgenden Tag beauftragte der schwedische Premierminister Göran Persson den vorsitzenden Richter des Obergerichtes des Bezirks Svea, Johan Hirschfeldt, mit der Untersuchung des geheimen Schmuggelabkommens zwischen Armee und Zollbehörde. Hirschfeldt bekam für seinen Bericht jedoch nicht genügend Zeit zugestanden, um eine ordentliche Untersuchung durchführen zu können.
Der Amerikaner Gregg Bemis, ein Mitglied des Marine Forensics Panel, des kriminaltechnischen Seerates der Society of Naval Architects and Marine Engineers, begab sich mit der deutschen Journalistin und Estonia-Forscherin Jutta Rabe auf einen Tauchgang zum Wrack. "Ich hoffe doch, daß Richter Hirschfeldt erkennt, daß er die Gelegenheit erhielt, den Opferfamilien ganz substantiell helfen zu können", sagte Bemis. "Es geht darum, herauszufinden, ob diese Aktivitäten zum tragischen Untergang der Estonia beitrugen. Da öffentlich bekannt ist, daß der [offizielle] Bericht der gemeinsamen estnisch-schwedisch-finnischen Untersuchungskommission JAIC voller Ungereimtheiten ist, sollte Hirschfeld die Gelegenheit nutzen, um eine exakte kriminaltechnische Untersuchung des ganzen Tatortes durchführen zu lassen." Der unabhängige Seesicherheitsexperte und Schiffbauingenieur Anders Björkman, Autor mehrerer Bücher über die Estonia-Katastrophe, nennt den vor Fehler strotzenden Bericht der JAIC "den größten Betrug der Schiffahrtsgerichte" und fügt hinzu, daß "jede wesentliche Information im Schlußbericht falsch oder irreführend ist."
Unmittelbar nach dem Unfall, und noch bevor man zugegeben hatte, das Wrack gefunden zu haben, legten sich die schwedischen Behörden und die Medien verbissen auf eine Untergangstheorie fest. Die Schuld wurde der Konstruktion des Bugvisiers und der Auffahrrampe der Fähre zugeschoben, von welcher man behauptete, daß sie sich wegen des starken Wellengangs geöffnet hatte. Dies hätte dazu geführt, daß das Fahrzeugdeck mit Meerwasser überflutet wurde, wodurch die Fähre gekentert und gesunken sei. Keine anderen Ursachen wurden jemals untersucht. "Es gibt keine Hinweise darauf, daß diese Unterstellung wahr ist", betont Björkmann. "Das Schiff ist nie gekentert. Es sank ohne zu kentern."
"Der Öffentlichkeit wurde weisgemacht, Unterwasseraufnahmen des Wracks hätten gezeigt, daß das Visier fehlte", erklärt er. Dies habe zum Sinken der Fähre geführt. "Unter keinen Umständen hätten vier Meter hohe Wellen das Visier der Estonia wegschlagen können", beteuert Björkman. "Diese Lüge steht im Zentrum der ganzen Vertuschungsaktion. Das Visier hatte mit dem Unfall überhaupt nichts zu tun", so Björkman, der Schiffbauingenieur bei der schwedischen Marine war, "sondern wurde von der schwedischen Marine einfach vom Wrack entfernt, damit die Schuld für den Untergang dem Visier zugeschoben werden konnte."
Die schwedischen Behörden behaupteten noch wochenlang nach dem Untergang der Estonia, die genaue Lage des Wracks könne nicht geortet werden, obwohl vor Ort umfangreiche Rettungsoperationen durchgeführt wurden. Später zeigte sich, daß die einzigen Schiffe an der korrekten Position des Wracks jene der schwedischen Marine waren. Eine blaue Boje, die angeblich die Position des Wracks hätte bezeichnen sollen, wurde absichtlich an der falschen Stelle ausgesetzt, um die Medien und andere Anwesende in die Irre zu führen.
Leider hatte die schwedische Regierung keine "umfassende kriminaltechnische Untersuchung" durch Hirschfeldt im Sinn. Hirschfeldt wurde nur ein äußerst begrenzter Auftrag gegeben, sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch des gewährten Zeitraums. Man hatte ihm nur ein paar wenige Arbeitswochen zugestanden, um die Untersuchung bis zum 21. Januar 2005 abzuschließen. Die Untersuchung sollte sich auch darauf beschränken festzustellen, ob während des Monats September 1994 militärische Transfers mit der Estonia durchgeführt wurden und ob diese militärischen Transfers explosionsgefährdet waren.
Hirschfeldts Bericht gibt keinerlei Aufschluß darüber, was transportiert wurde. Er schreibt, daß es über solch heimliche Transporte üblicherweise nur sehr wenige Dokumente gibt und daß die relevanten Papiere den Vorschriften gemäß inzwischen vernichtet wurden, weil die Transfers, die er untersuchen sollte, vor über zehn Jahren stattgefunden hatten. Weiter berichtet Hirschfeldt, daß Einfuhren von Verteidigungsmaterial und Aktivitäten des Geheimdienstes durch entsprechende Geheimhaltungsgesetze für über siebzig Jahre vor einer Veröffentlichung geschützt sind. Auch gibt es ein Gesetz, das Mitwissern heimlicher Aktivitäten jegliche Veröffentlichung bei Strafandrohung untersagt. Hirschfeldt beteuert, dieses Gesetz würde es sogar ihm verunmöglichen, das zu enthüllen, was er über die Waffenverschiebungen in Erfahrung bringen konnte.
"Ein Meisterstück", urteilt Björkman über den Hirschfeldt-Bericht. "Verteidigungsmaterial? Worum ging es? Wie viel? Umfang? Gewicht? Herkunft? Wert? Besitzer? Gestohlene Güter? Wie wurde es deklariert? Wie kam es durch den estnischen Zoll? Welches Fahrzeug wurde verwendet? Waren der Kapitän und der Reeder informiert? Wir wissen nichts."
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