„Seien Sie streng, gerecht, konsequent und vor allem liebevoll - und das immer und immer wieder“, ermutigt der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Frank Maßmann ratlose Eltern, die zu ihm in die Praxis kommen. Oft hilft es ihm, dass er in der Tiefe seines Herzens der Clown geblieben ist, zu dem er sich einst hat ausbilden lassen. Denn sein täglich Brot ist alles andere als lustig: Gestrandete Kinder und Jugendliche (wieder) zu lehren, wie man im Meer des Lebens schwimmt, dass es die reine Freude ist!
Worin sehen Sie die Ursachen für diesen seelischen Notstand der heutigen Jugend?
Frank Maßmann: Bei den oft desorientierten Eltern. Die wissen nicht, wo sie hinwollen, leben das Leben, das alle leben. Zudem sind die Kinder sehr beeinflusst von diesem ganzen Technikkram, Xbox, PlayStation etc. Jeder hat ein Handy; wer keins hat, ist ein völliger Außenseiter. Siebzig Prozent der zwölf- bis sechzehnjährigen Jugendlichen, die zu mir kommen, spielen Spiele ab achtzehn, und die Eltern schaffen es nicht, ihnen das zu verbieten. Die Eltern tun also ihren Job auch nicht; sind völlig hilflos, denken, Sie dürfen nicht Nein sagen. Ein fünfzehnjähriges Mädchen rutscht hier mit Weinkrampf vom Stuhl, weil ich ihrer Mutter gesagt habe: „Vielleicht sollten Sie mit Ihrer Tochter besprechen, ob so viel Handynutzung und dreihundert E-Mails und SMS am Tag so toll sind.” Da bricht dieses Kind vor der Mutter zusammen und die Mutter sagt: „Na sehen Sie, wie soll ich das machen?” Viele sind bereits eine Geisel von diesem ganzen Technikkram.
Haben sie überhaupt noch Ziele?
Frank Maßmann: Ja, die Fünfzehn-, Sechzehnjährigen wissen schon, was sie werden möchten, welche Schule sie schaffen möchten.
Und haben sie dann auch das Durchhaltevermögen, dranzubleiben und die Arbeit zu leisten, die dafür notwendig ist?
Frank Maßmann: Doch, das schon. Auch Kinder, die zu mir kommen, die seelische Schwierigkeiten und vor allem Ängste haben, die wollen das schon schaffen. Sie wissen aber oft nicht, wie, und die Eltern wissen nicht mehr, wie sie ihnen noch beikommen sollen, wie sie ihnen helfen können.
Wollen die Eltern das wirklich oder möchten sie lieber ihre Ruhe haben?
Frank Maßmann: Nein, die Eltern wollen das praktisch alle. Häufig erlebe ich jedoch eine extreme Uneinigkeit zwischen Vätern und Müttern. Zudem stehen die Väter unter extremem Druck da draußen, egal ob als Manager bei BASF, ob als selbstständiger Zahnarzt oder als Krankenhauschef, egal ob Mittelstand, sie haben einen wahnsinnigen Druck und wissen nicht, wie Sie dieser Mühle entrinnen können – und „dann auch noch die Kinder“!
Hat das Mobbing durch Facebook an den Schulen zugenommen?
Frank Maßmann: Natürlich hat das zugenommen, egal in welcher Schulform. Ich habe viele Mobbing-Opfer hier sitzen – von der zweiten Klasse bis zum Abitur. Ich habe Mädchen hier sitzen wie Jungs, die in der Klasse übelst behandelt werden. Die Lehrer reagieren darauf, wenn sie es mitkriegen, ziehen es aber nicht bis zum Ende durch, weil der Alltag sie dann auffrisst.
Frank Maßmann ist unter der folgenden Adresse zu erreichen:
Dipl.-Päd.
Frank Maßmann
Alleestraße 1
DE-58730 Fröndenberg/Ruhr
Tel.: 0049 (0)2373 3953707 massmann.frank@t-online.de
Ich sitze manchmal vor ihnen und sage: „Das kann doch nicht sein, dass das, was du mir hier erzählst, in der Schule wirklich passiert ist – und es hat keiner wirklich angemessen reagiert.” Für angemessen würde ich halten, dass man wirklich Theater macht und es an die große Glocke hängt, dass man das mit Eltern und Kindern in der Klasse bespricht. Dass die Eltern untereinander Kontakt haben und sagen ‚Wir wollen nicht, dass das so in der Klasse läuft.’ Die Lehrer müssen informiert und gedrängt werden zu sagen ‚Leute, das wollen wir nicht, dass ihr da zuguckt’ oder ‚Ihr müsst mehr reagieren, dieses Mädchen fährt freiwillig nicht mit auf eine Klassenfahrt, weil sie weiß, es wird niemand mit ihr in ein Zimmer gehen – und das läuft seit zwei Jahren so!’ Lehrer, die das mitbekommen, und auch Eltern müssen das regeln, bis es eine Lösung gibt, die für alle verträglich ist. Natürlich ist das anstrengend, es muss aber sein. So kann eine Klassengemeinschaft wachsen, die stark ist. Es ist halt harte Arbeit.
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