Bislang galt: Oral eingenommenes Eisen kommt nicht wirklich im Körper an. Lesen Sie hier, weshalb es nun doch möglich ist und warum Vorsicht geboten ist in puncto Eiseninfusionen.
Kennt das nicht jeder? Das nervenzermürbende Klingeln des Weckers am frühen Morgen, das einen aus dem süßen und wohlverdienten Schlaf reißt – zurück in die kalte Realität eines weiteren Arbeitstages. Und trotz der acht Stunden Schlaf fühlt man sich, als wäre man gerade unter einen Güterzug geraten. Nach einer kalten Dusche und einem heißen Kaffee kommen sie jedoch langsam wieder, die Lebensgeister – nur damit sie sich dann im grauen Büroalltag schnell wieder verziehen können. Und nach dem täglichen Höhepunkt – dem Mittagessen – trifft uns der Parasympathikus (die Verdauung) wie ein Vorschlaghammer. Halte durch, halte durch, der Feierabend ist schon in greifbarer Nähe und damit ein weiterer Tag überstanden. Und so geht es weiter, tagein, tagaus, immer mit dem einen Versprechen, heute Abend einmal richtig früh ins Bett zu gehen.
Was hier flapsig beschrieben ist, ist für viele Menschen die harte Realität. Wegen eines andauernden Erschöpfungszustandes wird der Tag zur Qual. Man wünscht sich nichts sehnlicher, als zurück ins Bett zu sinken, und ohne Aufputschmittel wie Kaffee verlässt man es gar nicht erst. Doch nicht nur die Arbeitseffizienz leidet unter der Erschöpfung, auch das soziale Umfeld wie Familie, Freunde und Arbeitskollegen wird in Mitleidenschaft gezogen. Denn die ständige Antriebslosigkeit und Müdigkeit schlagen aufs Gemüt. Irgendwann kann man nicht mehr ständig kämpfen und ist mit der Diagnose ‚Burnout‘ konfrontiert.
Neben den bekannten Faktoren wie Schlafmangel, Elektrosmog- und Mobilfunkbelastung, Stress und schlechte Ernährung ist auch Eisenmangel eine häufige Ursache für das chronische Schlappsein. Das Eisendefizit geschieht jedoch nicht einfach so, sondern ist vielmehr eine Vorsichts- und Schutzmaßnahme des Körpers, ausgeführt von unserem höchst intelligenten Körperwesen. Möchte man also wieder fit und munter werden, muss man tiefer als nur an der Oberfläche suchen und die Abläufe im Körper verstehen lernen. Alles ist mit allem verbunden. Diese allseits bekannte Weisheit wird heutzutage nicht nur in der Medizin sträflich ignoriert.
Eisen gehört zu den essenziellen Spurenelementen, die im Körper nur in geringen Mengen vorkommen, aber lebensnotwendig sind. Da der Körper Eisen nicht selber bilden kann, muss das Spurenelement regelmäßig mit der Nahrung zugeführt werden. Es ist das Eisen, das unser Blut rot färbt. Das Eiweißmolekül Hämoglobin, der rote Blutfarbstoff, enthält an zentraler Stelle ein Eisenatom. Dieses Molekül ist für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich und sorgt dafür, dass der Sauerstoff von der Lunge zu allen Zellen gelangt. Fehlt das Eisen, wird dementsprechend auch weniger Sauerstoff zu den Zellen gebracht. Dies wiederum schwächt den ganzen Organismus.
Neueste Studien haben bewiesen, dass bei Depressionen die Mitochondrienaktivität stark reduziert ist. Die Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Um die Aktivität der Mitochondrien zu ermitteln, misst man den Sauerstoff, den die Zelle verbraucht. Die Mitochondrien benötigen Sauerstoff, um Energie für den Körper zu generieren. Kann das Blut durch einen Eisenmangel jedoch nicht genug Sauerstoff transportieren, wird die Mitochondrienaktivität entsprechend gehemmt. Je weniger Sauerstoff von den Mitochondrien verarbeitet wurde, so die Studie, desto größer war die Depression bei den Probanden. Die Folge waren Symptome wie Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, Energieverlust und die für Depressionen typische Traurigkeit.
Eisen ist aber nicht nur für den Sauerstofftransport zuständig. So benötigen nicht weniger als 180 weitere Körperfunktionen dieses Spurenelement. Folglich hat Eisenmangel viele zum Teil schwerwiegende Folgen. Dazu gehören unter anderem: Vergesslichkeit, Nervosität, innere Unruhe, Appetitlosigkeit, Atemnot, Schwächeanfälle, Herzbeschwerden, eine erhöhte Infektanfälligkeit, Haarausfall, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Störungen, brüchige Fingernägel, ein Nachlassen der Muskelkraft, Schwindel und Reizbarkeit. Zu wenig Eisen führt dazu, dass zu wenig Hormone gebildet werden. Das kann Schlafstörungen und Konzentrationsschwächen verursachen.
Apropos Konzentration: Mehrere wissenschaftliche Studien beweisen, dass Eisenmangel auch die Intelligenz eines Kindes beeinträchtigt. Eisen ist essenziell wichtig für die Entwicklung und Erhaltung kognitiver Fähigkeiten. Heute leidet jedes zweite Kind unter einem Eisenmangel, was sich in den Klassenzimmern widerspiegelt. Eine amerikanische Studie zeigte auf, dass 84 Prozent der Kinder, die Ritalin verabreicht bekamen, an einem Eisendefizit litten. Eine Studie am King’s College in London kam zu dem Ergebnis, dass schon ein geringer Eisenmangel zu einem verminderten IQ führt. Zu wenig Eisen kann also schwerwiegende Folgen für die physische und psychische Gesundheit des Menschen haben. Doch weshalb haben wir überhaupt solch eine Unterversorgung an Eisen?
Durch Haut, Nieren und Darm verlieren wir am Tag etwa ein Milligramm Eisen. Bei Frauen sind es wegen der Menstruationsblutung zwei bis drei Milligramm mehr. Über die Nahrung nimmt der Körper jedoch nur einen Bruchteil der benötigten Menge an Eisen auf, da es normalerweise nur schwer über den Darm absorbiert werden kann. Nahrungsmittel wie Vollkornbrot, Sauerkraut, Sojajoghurt und Fleisch sind relativ stark eisenhaltig. Kaffee, Schwarz-, Grün- und Eistee sowie Milch, Cola, Rotwein und Eier hemmen hingegen die Eisenaufnahme.
Der Hauptgrund für die Eisenunterversorgung ist jedoch hausgemacht: Nicht nur die Zellen benötigen Eisen zur Vermehrung, sondern auch schädliche Bakterien. Im Lauf der Evolution hat der Körper im dauernden Kampf mit Mikroben Mechanismen entwickelt, diesen unwillkommenen Eindringlingen das essenzielle Spurenelement Eisen vorzuenthalten: Über enzymatische Prozesse wird es in ein Speichereiweiß namens Transferrin eingebunden und so dem Blutkreislauf entzogen.Die Aufnahme von Eisen durch den Darm wird ebenfalls gedrosselt, da der Körper verhindern will, dass das Eisen in das Blut gelangt und den Bakterien als Nahrung dient. Deshalb führen herkömmliche Eisentabletten häufiger zu Darmproblemen, als dass sie den Körper tatsächlich mit Eisen versorgen. Mit direkt ins Blut gegebenen Eiseninfusionen werden diese körpereigenen Schutzmechanismen umgangen. So können sich aber auch die Bakterien leichter vermehren und es treten deshalb eher Infektionskrankheiten auf.
Nimmt man also Eisen durch Präparate oder Infusionen zu sich, muss man gleichzeitig das Immunsystem stärken! Dann nämlich wird das Spurenelement wieder besser im Darm resorbiert und bindet sich im Blut auch nicht mehr im Speichereiweiß Transferrin. Es gilt: Schwaches Immunsystem gleich Eisenmangel.
Hierzu ein Beispiel: Die Männer des afrikanischen Zulu-Stammes trinken häufig in Eisengefäßen hergestelltes Bier und erkranken auffallend oft an einer schweren Leberinfektion, die durch Amöben verursacht wird. Bei den Massai erleiden hingegen weniger als zehn Prozent der Männer eine solche Infektion. Sie sind ein Hirtenvolk, das große Mengen an Milch trinkt. Als man aber einer Gruppe von Massai-Männern Eisenpräparate verabreichte, erkrankten daraufhin 88 Prozent von ihnen an genau dieser Amöbeninfektion. In einer anderen Studie verordneten wohlgesinnte Forscher somalischen Nomaden ebenfalls Nahrungsergänzungen mit Eisen. Noch vor Ende des Monats waren vier von zehn der behandelten Menschen an einer Infektion erkrankt. Bei den unbehandelten Somalis waren es lediglich 8 Prozent. Das ist einfach erklärt: Aufgrund fehlender Hygiene und einseitiger Ernährung hatten diese afrikanischen Ureinwohner ein geschwächtes Immunsystem. Deshalb schützte der tiefe und augenscheinlich „schlechte“ Eisenwert im Blut ihren Körper vor Bakterien.
Die heutige schlechte Qualität von Nahrungsmitteln verhindert in der Regel selbst bei Menschen mit einem gesunden Immunsystem, dass ihr Bedarf an Eisen gedeckt wird. Deshalb hat die moderne Medizin die Mindestwerte von Eisen im Blut viel zu tief angesetzt. Viele Ärzte betrachten Werte von 20 oder 30 Nanogramm Eisen pro Milliliter Blut noch als ausreichend versorgt. Tatsächlich sollten gesunde Menschen das Zehnfache aufweisen!
Um einen Eisenwert von 200 bis 300 Nanogramm pro Milliliter zu erhalten, müssen Männer und nicht menstruierende Frauen etwa zehn Milligramm Eisen am Tag zu sich nehmen. Frauen während der Menstruation und Kinder benötigen 15 Milligramm. Schwangere und Hochleistungssportler sollten bis zu 30 Milligramm schlucken. Man müsste allerdings Unmengen Fleisch, fermentiertes Soja und andere eisenhaltige Nahrungsmittel essen, um diesen Bedarf abzudecken. Daher ist es vernünftig, dem Körper Eisen über Präparate oder Infusionen zusätzlich zur Verfügung zu stellen. – Natürlich nur wenn gleichzeitig auch das Immunsystem gestärkt wird! So kann man das Eisendepot im Körper wieder auffüllen und mehr Energie und Freude zurück in den ansonsten ach so schrecklichen, trüben Alltag bringen.
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